Juwelen neu gefasst

Friedrichshafen sz Seit 30 Jahren gehört Sabine Meyer zur Prominenz weltweit bekannter deutscher Klassik-Künstler. Ihre Interpretationen des Standardrepertoires für Klarinette haben Maßstäbe gesetzt. Ihr selbst genügte es jedoch nicht, immer wieder dieselben bekannten Werke von Mozart bis Brahms zu spielen. So hat sich die aus Crailsheim stammende Musikerin auch für vergessene Meisterwerke von Zeitgenossen Mozarts stark gemacht und zudem viele Klarinettenkonzerte von Komponisten der Gegenwart aus der Taufe gehoben.

Mit ihrem jüngsten Projekt, das sie jetzt im Rahmen einer Tournee mit dem Kammerorchester Basel im Graf-Zeppelin-Haus vorgestellt hat, ist die Starsolistin zu Mozart zurückgekehrt. Leider hat dieser für sein Lieblingsblasinstrument nur ein Konzert geschrieben. Ein komplettes Mozart-Programm für Klarinette und Orchester lässt sich damit nicht bestreiten. Und Sabine Meyer wollte sich auch nicht einfach wiederholen, sondern „mit dem Genie Mozart noch einmal neu auseinandersetzen“.

Da Mozart etwa für seine späte „Titus“-Oper einige bezaubernde Arien mit virtuosem Klarinettensolo komponiert hat, kamen Meyer und ihr Ehemann, der Klarinettist Reiner Wehle, auf die Idee, den Gesangspart weiterer Mozart-Arien für ihr Instrument umschreiben zu lassen. Der Stuttgarter Komponist Andreas N. Tarkmann, ein renommierter Spezialist für Bearbeitungen klassischer Musik, hat in ihrem Auftrag rund ein Dutzend geeignete Konzert- und Einlagearien des Salzburgers für Klarinette und Orchester arrangiert.

Bei diesen Neufassungen hat Tarkmann die originale Singstimme nicht einfach unverändert auf die Klarinette übertragen. Die reizvollen Adaptionen klingen wie authentische, dem Blasinstrument auf den Leib geschneiderte Partien. Durch typische Verzierungen, wirkungsvolle Kadenzen und einfühlsame Nutzung technischer wie klanglicher Möglichkeiten des beweglichen Instruments haben Tarkmann und Meyer dem Mozart-Repertoire für Klarinette einige Juwelen hinzugewonnen.

Dazwischenklatschen erlaubt

Ergänzend spielte das von Andreas Spering dirigierte Kammerorchester Basel in Friedrichshafen zwei Sinfonien von Mozart. Als Aufwärmstück mit überzogener Agogik im Andante und Hornkieksern im überhasteten Presto-Finale diente der Es-Dur-Erstling des achtjährigen Wunderkinds. Einen kompositorischen Sprung von diesem harmlosen Werkchen zum reifen Tonsetzer markierte der spannungsgeladene Vortrag der späten g-Moll-Sinfonie, die allerdings nicht am Stück musiziert wurde.

Spering wies darauf hin, dass es zu Mozarts Zeit durchaus üblich war, zwischen den Sätzen einer Sinfonie andere Stücke zu spielen. So durften auch die pointiert dargebotenen Einzelsätze ohne puristische Skrupel beklatscht werden. Die junge ungarische Sopranistin Polina Pasztircsák begeisterte in zwei „Titus“-Arien mit dramatischem Ausdruck. Schmeichelnd umrankten Meyers brillant gespielte Soli auf Klarinette und Bassetthorn den Gesang und boten ihm emotionalen Resonanzraum für geheimste Empfindungen.

Sabine Meyer ist zurzeit auch in einer anderen musikalischen Formation unterwegs. Mit dem Trio Clarone – bestehend aus ihr, ihrem Mann Reiner Wehle und ihrem Bruder Wolfgang Meyer – sowie dem Pianisten Christian Ruvolo gastiert die Klarinettistin in Tuttlingen (28. März), Ulm (29. März) und Stuttgart (4. Mai).

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